Zur frühen Geschichte der Orgel in der Malteserkirche gibt es nur wenige Anhaltspunkte. Weder eine Schrift im Instrument noch Archivalien, die den Erbauer oder die Erbauungszeit eindeutig belegen, konnten bis dato gefunden werden. Dennoch gibt es in der Orgel und im Kirchenraum einige Hinweise, die eine ungefähre Datierung und Zuschreibung ermöglichen.
Oberhalb des mittleren Prospektfeldes der Orgel ist das Wappen der Grafen von Althann eingearbeitet. Michael Ferdinand Johann Graf von Althann (Prag 25.6.1708 - 18. 5. 1779) wurde 1749 zum Commandeur von St. Johann in Wien ernannt. Dies geht aus einem der insgesamt 32 Wappenschilde, die sich im Kirchenraum befinden, hervor. Es darf als sicher angenommen werden, dass er den Bau der Orgel veranlasste.
Im Instrument selbst befinden sich auf der Rückseite des Manualwellenbrettes die Jahreszahl „1767“ sowie das Namenskürzel „FR“. Da diese Inschriften mit Fassungsfarbe gepinselt wurden, bekunden sie die Zeit, in welcher die Orgelfassung angelegt wurde. Die Orgel muss also zu diesem Zeitpunkt schon vorhanden gewesen sein. Die reiche Ausstattung mit vergoldeten Ornamenten lässt vermuten, dass genügend finanzielle Mittel vorhanden waren, das Werk gleich nach seiner Fertigstellung auch fassen zu lassen.
Vergleichende Forschungen erlauben es, die Orgel der Wiener Malteserkirche dem Orgelbauer Gottfried Sonnholz (ca. 1695-1781) zuzuschreiben. Dies betrifft alle aus dem 18. Jahrhundert erhaltenen Teile mit Ausnahme des Manual-Windladenkörpers, für den Sonnholz allem Anschein nach eine bestehende, ältere Windlade verwendete und für sein Werk adaptierte.
Eine erste Änderung am originalen Bestand fand wohl im frühen 19. Jahrhundert statt. Aus dieser Zeit stammt der noch heute vorhandene Parallelbalg mit einer Falte, den dazugehörigen Holzfedern und einem darunter befindlichen Schöpfbalg. Dieser Balg liegt auf einem älteren Balgstuhl, an dem die Lage der ursprünglichen Keilbälge noch gut zu erkennen ist. Eine in das Holz geritzte Inschrift auf der Innenseite der mittleren rückwärtigen Gehäusefüllung aus dem Jahre 1812 könnte mit dem Neubau der Balganlage in Verbindung stehen.
Die originalen Prospektpfeifen mussten im Ersten Weltkrieg für die Rüstungsindustrie abgeliefert werden. 1923 wurden durch Josef und Franz Ullmann Junior aus Zink gefertigte Ersatzpfeifen eingesetzt. Darüber hinaus wurde die Orgel ausgeputzt und gestimmt. Die entsprechende Eintragung befindet sich ebenfalls an der mittleren rückwärtigen Gehäusefüllung. Für diese Zeit sprechen auch kleinere Veränderungen an der Windlade (Messingleisten für die Pulpetendraht-Durchgänge anstatt der Lederbeutel) sowie intonatorische Eingriffe am Pfeifenwerk.
1949/50 kam es zu zeitbedingten Veränderungen: Orgelbau Johann Pirchner (Steinach/Tirol) erweiterte das Instrument unter der Projektleitung und Beratung durch Egon Krauss und Anton Heiller auf zwei Manuale mit je 56 Tasten sowie ein Pedal mit 30 Tasten. Die Anzahl der Register wurde verdoppelt. Durch diese Maßnahme wurde eine komplett neue Spielanlage erforderlich.
Das gesamte Pedalwerk versetzte man in einen neuen Kasten an die Rückwand der Empore. Am frei gewordenen Platz hinter dem ersten Manualwerk positionierte man die neu gefertigte Windlade des zweiten Manuals. Eine zusätzliche Extensionslade für die Töne Cis, Dis, Fis, Gis sowie cis''' - g''' fand im Mittelturm, oberhalb der Pfeifen des ersten Manualwerkes Platz. Pirchner verwendete den gesamten vorhandenen Pfeifenbestand (auch die Prospektpfeifen aus Zink), reorganisierte diesen aber nach eigenen Erfordernissen, kürzte dafür auch sehr viele Pfeifen und versah diese mit modernen Stimmvorrichtungen. Von den originalen Pfeifenstöcken blieben nur mehr die beiden - aus Platzgründen verschnittenen - Prospektstöcke vorhanden.
Die Ton- und Registertrakturen wurden 1949/50 unter Verwendung originaler Substanz ergänzt und neu verlegt. Die bestehenden Platzverhältnisse erforderten eine sehr kompakte und komplizierte Trakturführung, die sehr schwer zugängig und daher schlecht bis fast gar nicht zu warten war. Von dem außerhalb der Orgel verlegten Hauptwindkanal führten flexible Kondukten zu den einzelnen Windladen der Manualwerke.
1998 wurde die Orgel im Zuge einer Generalrestaurierung des Kirchenraumes neu überfasst. Diese noch heute vorhandene Farbgebung orientiert sich am Original. Zwischenzeitlich war die Orgel maserierend braun gefasst, wie dies an den Labien der Suppass-Pfeifen noch erkennbar ist.
2015 betraute man Orgelbau Wolfgang Karner mit der Rückführung und Restaurierung des Instrumentes. Das Projekt wurde vom damaligen Leiter des Referats für Kirchenmusik in der Erzdiözese Wien, Domorganist Konstantin Reymaier, initiiert und fachlich begleitet - gemeinsam mit Dr. Gerd Pichler, dem Leiter der Abteilung für Klangdenkmale und Spezialmaterien des Österreichischen Bundesdenkmalamtes, der die Ausführung auch finanziell unterstützte. Grundlage für diese Entscheidung waren der sehr schlechte Gesamtzustand des Instrumentes sowie die Aussichtslosigkeit, durch kleinere Reparaturen und Reinigungen eine nachhaltige Verbesserung dieser Situation herbeiführen zu können, da die technische Anlage kompliziert, äußerst beengt und daher unzugängig geblieben wäre.
Eine genaue Befundung des Bestandes im Vorfeld der Restaurierung ergab einen unerwartet hohen Anteil an original erhaltenen Pfeifen. Von den insgesamt 339 erforderlichen Pfeifen fehlten nur die 35 Prospektpfeifen sowie 24 kleinere Innenpfeifen aus Metall. 280 originale Sonnholz-Pfeifen (das entspricht fast 83%) waren also noch vorhanden. Darüber hinaus waren noch die Manualwindlade, das Manualwellenbrett, Teile der Ton- und Registertraktur, Teile des Windkanals, der Balg aus dem frühen 19. Jahrhundert und natürlich das Orgelgehäuse (mit Ausnahme einiger Teile des Unterkastens) original erhalten.
Die Registerbezeichnungen orientieren sich an der Nomenklatur im original erhaltenen Kontrakt der Sonnholz-Orgel zu Melk.
Wolfgang Karner